Die dauerhafte Speicherung von C02 könnte uns Zeit bei der Lösung der Klimakrise verschaffen. Doch dieses Wegschaffen von Kohlenstoff aus der Atmosphäre durch gezielte, industrielle Speicherung bringt neue Probleme. Ganz besonders dann, wenn sie nicht als absoluter Notnagel, sondern als Ersatz für umfassende Emissionsreduktion verstanden wird. In diese Richtung scheinen die großen Kohlestromproduzenten zu denken.
Wo kommt der Kohlenstoff her – wo geht er hin ?
Ziel der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid (CO2) ist die Verringerung von CO2-Emissionen in die Atmosphäre. Das zu speichernde CO2 kann entweder aus fossilen Energieversorgungsanlagen, aus Industrieanlagen oder aus dem Einsatz von Biomasse zur Energieerzeugung stammen. Neuere Techniken versuchen CO2 aus der Atmoshäre zu binden. Eine Speicherung ist in ausgebeuteten Gas- oder Erdöllagerstätten, in salinen Aquiferen oder im Meeresuntergrund möglich. Die Speicherung in die Wassersäule der Meere ist durch internationale Verträge ausgeschlossen. Das wäre auch wenig sinnvoll denn hier wird das meiste Kohlendioxid nur sehr kurzfristig gespeichert.
Norwegisches Feldexperiment
Die norwegische Regierung hat 2020 bekannt gegeben, das weltweit erste, großmaßstäbliche Kohlenstoffabscheidung und Speicherungs -Projekt mit 16,8 Milliarden Kronen (0,62 Milliarden Euro) finanzieren zu wollen. Im Zuge des Longship-Projekts geht es um Kohlenstoffabscheidung in einem Zementwerk in Südnorwegen (Brevik), betrieben von Norcem / HeidelbergCement sowie ein Projekt in einer Müllverbrennungsanlage in Oslo, die von Finnlands staatseigenem Energieunternehmen Fortum betrieben wird. Zu Longship zählt auch die Finanzierung des Transport- und Lagerprojekts Northern Lights, ein gemeinsames Projekt von Equinor, Shell und Total. Northern Lights wird flüssiges CO2 von Abscheidungsanlagen zu einem Terminal in Øygarden im Bezirk Vestland transportieren. Von dort wird das CO2 durch Pipelines zu einem Reservoir unter dem Meeresboden gepumpt. Forscher begleiten das Projekt intensiv. Auch andere Atlantikanrainer wie Schottland und die USA wollen in die Kohlenstoffspeicherung einsteigen wenn alles gut läuft.
Absehbare Folgen
Problematisch ist vor allem der enorme zusätzliche Energieaufwand für die Abscheidung, den Transport und die Speicherung. Der Einsatz der CCS-Technik ( carbon capture and storage ) erhöht die Risiken für das Grundwasser und für den Boden vor allem durch Leckagen von CO2. Das freigesetzte CO2 kann Schadstoffe im Untergrund freisetzen sowie salzige Grundwässer aus tiefen Aquiferen verdrängen. Unter ungünstigen Bedingungen können diese verdrängten salzigen Grundwässer bis in oberflächennahe süße Grundwässer und an die Erdoberfläche gelangen. Dort können sie zu Schäden Versalzung im Grundwasser, in Böden und Oberflächengewässern führen. Siehe hier auch unser Beitrag zur versalzenen Werra.
Außerdem führen Co2 -Leckagen zu einer weiteren Versauerung der Meere. Dies ist besonders schlecht für die Kalkbildenden Lebewesen wie Muscheln, Korallen oder die für den Kohlenstoffkreislauf so wichtigen Kalkalgen – die wir euch hier schon einmal vorgestellt haben.
Konfliktvermeidung noch nicht ausgereift
Um konkrete Konflikte in Bezug auf die Nutzung von geologischen Formationen zwischen CCS und anderen – vor allem nachhaltigen – Nutzungsformen zu vermeiden, ist eine zusätzlich eine unterirdische Raumordnung erforderlich.
Eine Lösung für das Leckage-Problem könnte die Methode sein CO2-haltige Flüssigkeiten durch Elektrokatalyse in fast reinen Kohlenstoff umzuwandeln. Der Vorteil: Er kann in Brikettform in stillgelegten Bergwerken risikolos gelagert werden. Die verbrannte Kohle kann also in gewisser Hinsicht wieder an ihren Ursprungsort zurück gelangen. Dieser sehr reine Kohlenstoff könnte aber auch für die Herstellung von Batteriezellen genutzt werden. Der Nachteil: Es braucht viel Energie um das bei der Verbrennung entstehende CO2 abzuscheiden. Diese Methode ist also nur sinnvoll, wenn die dafür benötigte Energie wenigstens aus Erneuerbaren stammt.
In keinem Fall ist es aber geboten, fossile Kraftwerke mit CCS auszurüsten! Dummerweise ist es gelungen, dass in mehreren Ländern – auch in Deutschland – entsprechende Gesetze verabschiedet wurden und Fördergelder für Pilotanlagen bereitgestellt wurden. Dabei sinkt der ohnehin schon schlechte Wirkungsgrad thermischer Kraftwerke durch die aufwändige Abscheidung und Weiterverarbeitung des CO2s: bis zu 40 % mehr Brennstoff wird benötigt.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass durch die Abscheidung von CO2 bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe und einer anschließenden unterirdischen Speicherung 65 bis 80 Prozent des CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre ferngehalten werden können. Bei einem erhöhten Enerigebedarf von +40 %. Ob die als Carbon Capture and Storage (CCS) bezeichnete Technik dieses Versprechen halten kann, ist jedoch noch nicht geklärt und gegenwärtig Thema verschiedener Forschungs- und Pilotprojekte.
Vermeidung möglich und wichtigste Methode
Oberste Prämisse einer nachhaltigen Klimaschutzpolitik ist im Sinne des Vorsorgeprinzips die Vermeidung von Treibhausgasemissionen. Beispiele sind Energieeinsparungen im Gebäudebereich und Energiemanagement der Industrie sowie eine deutlich anspruchsvollere Kreislaufwirtschaft und Ressourcenverbrauchsminderung, sagt das Umweltbundesamt und zeigt in seiner RESCUE-Studie , dass dies in Deutschland durch die natürlichen Senken (etwa Wälder und Moore) und nachhaltige Holzwirtschaft und Wiedervernässung vollständig gelingen kann, so dass CCS für die Erreichung der Treibhausgasneutralität in Deutschland nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erforderlich ist. Auf keinen Fall handelt es sich bei der Technik um ein schwarzes Loch in dem die Treibhausgase für immer verschwinden. So leicht lässt sich die Klimakrise leider nicht lösen.
Spannende weitere Information hier:
Mission Energiewende– Ein Beitrag zur Speicherung von C02 unter dem Meer
Unser Blogbeitrag zum der wunderbaren Meeresboden