Es ist absurd: Die bebauten Fläche in Deutschland wächst von Jahr zu Jahr, gleichzeitig sterben ganze Ortschaften auf dem Land aus.
Rund um die Metropolen hingegen werden immer neue Wohn- und Gewerbegebiete ausgewiesen, während die Ortskerne veröden oder zu toten Business-Stadtteilen ohne Leben werden. Der sogenannte Donuteffekt macht sich breit.
Beide Phänomene zeigen deutlich, dass Leerstand in Kommunen ein ungelöstes Problem ist.
Die FAZ titelte kurz vor Weihnachten: “Nichts geht mehr – die Städte sind voll.” Was ein absurder Titel ist, wenn man sich das ganze Problem vor Augen führt.
Laut FAZ haben Kommunen, wie das westpfälzische Pirmasens, mit Leerstandsquoten von 9 Prozent zu kämpfen. Im Landkreis Greiz, in Thüringen, sind es sogar 13,3 Prozent. Jedes 8. Haus in Greiz steht Leer. Und das sind nur die sofort wieder vermietbaren Gebäude. Diejenigen die erst saniert werden müssten, sind in dieser Rechnung noch gar nicht mitgezählt. Inklusive der sanierungsbedürftigen Gebäude stehen in Deutschland 1,1 Millionen Wohnungen und 390.000 Eigenheime leer.
Mit diesen Zahlen lässt sich der durchschnittliche, Flächenbedarf berechen, der von der Nichtnutzung der Wohnungen ausgelöst wird. Bei einem durchschnittlichen Flächenbedarf einer Wohnung ( und Eigenheim) von 91,9 qm macht das einen Flächenbedarf von 13.931 Hektar. ( Bei Mehrgeschossigen Gebäuden entsprechend weniger) Das ist zweimal die Stadtfläche von Hannover. Kein Wunder also, dass der Flächenbedarf auf hohem Niveau bleibt. ( Zumal wichtige andere Flächenfresser, wie Gewerbe und Verkehr hier nicht betrachtet werden.)
Zusätzlich kommt es durch großzügige Schaffung von Wohnflächen in den sogenannten “Schwarmstädten” zu regelrechten Sogeffekten im umliegenden Land. Denn der ungebrochene Wunsch nach dem Leben in der Großstadt, ist die Folge von Regionen, in denen es kein Arzt, keine Geschäft oder gar einen funktionierenden Bus- und Bahnverkehr gibt. Die Großstädte wirken vor allem durch die Vielzahl der Möglichkeiten besonders urban und nicht weil Betonflächen und eine große Zahl von Menschen besonders attraktiv auf uns wirken.
Die Lösung kann daher, nicht wie die FAZ und der Baulandkommission glaubt, der Neubau von immer mehr Wohnungen an, sondern die Aktivierung von Leerstand und Aufwertung öffentlicher Infrastruktur außerhalb der Zentren.
Hierzu gab es in der Vergangenheit zahlreiche Projekt, die aber zum überwiegenden Teil eine ehrenamtliche Komponente haben. Ehrenamtliche Leerstandslotsen können diese Arbeit kaum dauerhaft leisten. Vor allem weil es sich hier um eine nicht-endende Daueraufgabe handelt.
Dies stellt auch das rheinland-pfälzische Innenministerium fest: “Dabei ist die Erstellung eines Leerstandskatasters ein erster wichtiger Schritt, sich mit dem Thema Leerstand systematisch auseinanderzusetzen und ist materiell und methodisch auch durch (geschulte) ehrenamtlich Engagierte möglich. Die Aktivierung von Leerständen bzw. innerörtlichen Baupotenzialen (Baulücken, größere Freibereiche, Umnutzung von Wirtschaftsgebäuden etc.) ist jedoch ein langwieriger und aufwendiger Prozess, der kontinuierlich betrieben werden muss und eine fortlaufende Professionalisierung voraussetzt. Jede einzelne Immobilie ist dabei individuell zu bearbeiten, was mit einem hohen personellen Aufwand und der Notwendigkeit einhergeht, dass sowohl Eigentümer, Ortsgemeinde, Verbandsgemeinde und Landkreis zusammenwirken. Neben den in der Immobilie selbst ruhenden Problemstellungen Eigentümerkonstellationen, unterlassene Instandhaltung, schlechte Objektbedingungen durch Lage und Grundstücksverhältnisse etc. spielen auch Gegebenheiten im Umfeld der Immobilie eine wichtige Rolle (z. B. hohe Verkehrsbelastung, Nutzungskonflikte etc.). Aus den genannten Gründen ist es nicht möglich, ein Standardinstrument („Blaupause“) für die Leerstandsbeseitigung zu entwickeln. Vielmehr ist es wichtig, dass lokal Prozesse etabliert werden, in denen Eigentümer und Kommunen ihre Interessen einbringen und Projekte erfolgreich realisieren können.”
Dies mag in der Analyse der Probleme richtig sein. Allerdings fehlt der entscheidende Hebel damit sich klamme Kommunen, wie das genannte Pirmasens, um den arbeitsintensiven Leerstand kümmern können und müssen.
Hier muss eine Pflicht zur Behebung von Leerstand und Brachflächen her, bevor neue Flächen in Anspruch genommen werden. Die bisherigen frommen Wünsche und Schaffung von Informationsplattformen sind auf jeden Fall nicht ausreichend um überall einerseits genügend Wohnraum zu schaffen und andererseits das Flächensparziel endlich anzugehen.
Beispiele für gute Projekte in einzelnen Städten, die jedoch flächendeckend und dauerhaft bestehen müssten:
Metzingen: zahlt bei Neuvermietung von leerstehenden Immobilien Prämie
Bremerhaven und Rotterdam: städtisch teilsanierte Gebäude werden an Bastler günstig verkauft, die weitere innovative Interssierte nach und nach anlocken
Mainbernheim: im ganzen Ort verstreute Ferienwohnungen zusammengefasst als ein Hotel mit zentralem Frühstückraum und Hotelservice
Gemeinsam mit Nachbarn das leerstehende Haus in der Straße kaufen Vorschlag aus „Vebietet das Bauen“ von Daniel Fuhrhop
Leipzig: Gemeinsame Kauf, Sanierung und Bewohnen von ehemaligen “Schrotthäusern
Bayreuth, Wunsiedel und Landkreis Hof: Kommunales Leerstandsmanagement