Der BUND Pfaffenhofen in Baden-Württemberg engagiert sich mit anderen Initiativen vor Ort für das Zabergäu, einer besonderen Landschaft entlang dem Flüsschen Zaber zwischen Karlsruhe und Stuttgart. Anhand der geplante Umgehungsstraße zwischen Pfaffenhofen und Güglingen treten fast lehrbuchartig Argumentationsmuster auf, die bei fast jedem kommunalen Bauprojekt wiederholt werden.
- Bei fehlender Nachfrage sorgen die Ausweisung von Wohn- und Gewerbegebieten oder Straßen zum gewünschten Zuzug oder zusätzlichem Verkehr, man deklariert sich anhand der Gewerbe und Personenzuzüge als Schwarmstadt oder Hotspot, womit der dringende Bedarf von zusätzlichen Gebieten oder Straßen begründet wird.
- Die in überplanten landwirtschaftlichen Flächen werden als ökologisch minderwertig dargestellt. Eine Versiegelung ist daher in Ordnung.
Zu beiden Punkten haben wir ein Interview mit Matthias Böhringer vom BUND Pfaffenhofen geführt.
Matthias, wie bist du auf das Thema aufmerksam geworden ?
2018 bin ich auf das Problem gestoßen. Der Planfeststellungsbeschluß war 2017, 2018 startete der BUND und eine Privatpeson eine Petition, weil die Umgehungsstraße auf der zur Reaktivierung geplanten Zabergäu-Bahn verlaufen soll. DieBahntrasse war bis in die 90er genutzt und dann stillgelegt worden. Die Reaktivierung wird von uns befürwortet und bei Nutzen-Kostenuntersuchung des Landes liegt die Strecke kurz unter 1. Was bedeutet, das nur wenig fehlt damit die Strecke zur Reaktivierung empfohlen wird. Wenn die Umgehungsstraße auf der Trasse der Zabergäu-Bahn gebaut wird, macht das deren Reaktivierung sehr viel teurer und damit unwahrscheinlicher. Zusätzlich ist ein Abzweig ins noch nicht existente Gewerbegebiet geplant, allerdings gibt es bereits eins und ein weiteres befindet sich in der Planung. Zudem kann so von einer Umgehungsstraße keine Rede sein. Eigentlich handelt es sich um eine Erschließung für das Gewerbegebiet.
Du betreibst die Website www.zabergaeu2040.de um Unterlagen zugänglich und auf die vielen weiteren Baupläne in deiner Region aufmerksam zu machen. Was befürchtetst Du ?
Die Seite heißt www.zabergaeu2040.de weil der Weltklimarat berechnet hat, dass das 1,5 Grad-Ziel 2040 erreicht sein wird. Ich befürchtet eine Verschlechterung der Lebensqualität und mehr Verkehr. Die ganze Umgebung, die sich gern als Toskana Deutschlands bezeichnet , wäre völlig unattraktiv. Den Schall hört man jetzt schon und mit den vielen zusätzlichen Versiegelungen kommt es einer Veränderung des Mikroklimas. Durch die besondere Kessellage des Zabergäus ist es für Luftveränderungen empfindlich außerdem ist die Biodiverstiät auch angegriffen. In Deutschland ist ja das Problem dass man Straftatbestand des Tötens streng geschützter Arten umgehen will, also wird nur nach streng geschützten Arten geschaut und nur bei deren Betroffenheit ein Vorhaben verändert. Andere Arten wie Hasen oder Fasane fallen aber unter den Tisch.
Das Gesamterlebnis ist besonders, der Radweg längs des Zabertals mit weitem Blick auf Weinberge im Norden und dem Stromberg im Süden. Der Blick wäre durch Hallen verstellt und man kein Gefühl der Freiheit mehr, sondern ist von Bauwerken umgeben.
Dem Flächenverbrauch wird unter anderem entgegengeshalten, dass die landwirschaftlich Fläche ohnehin nicht besonders ökologisch wertvoll sei und eine Bebauung daher nicht so schlimm. Was sagst Du dazu ?
Wogendes Getreide ist jedenfalls schöner als eine Asphaltfläche. Natürlich könnte man die Fläche ökologisch aufwerten statt versiegeln, Agroforstwirtschaft wäre möglich, Bäume wären auch gut fürs Getreide. Die Landschaft ist zwar nicht spektakulär oder mit besonderen Naturschönheiten bestückt. Sie ist eher schon intensiv genutzt. Gerade aus diesem Grund darf aber weiterer Verschleiß nicht sein. Auch der letzte Rest offene Agrarlandschaft hat noch seinen Reiz und wenn es die wogenden Getreidefelder und der Mohn am Wegesrand und weite Blicke sind. Noch immer bewegen sich auch Fasan und Hasen in der Flur dort. Der Umweltbericht nannte eine Reihe weitere Tierarten, auch Amphibien. Und über den Wert des Bodens an sich wissen wir Bescheid. Die intensiv genutzte Landschaft, der Verschleiß wird aber als Argument genommen , dass dann erst recht das letzte noch bebaut werden könne.
In einem relativ überschaubaren Gebiet scheinen ja auch die Gewerbegebiete wie Pilze aus dem Boden zu schießen. Warum ist das so ?
Die Notwendigkeit für eine Straße war anfangs nicht da. Es gab gar nicht genug Fahrzeuge auf der Strecke. Durch das erste Gewerbegebiet rollten aber immer mehr LKW durch die engen Orte. Diese werden jetzt als Begründung für die Straße hergenommen. Durch das Gewerbegebiet kam es natürlich auch zu Zuzügen. Mehr Einwohner brauchen mehr Wohnraum. Außerdem wird die Ansiedlung der Gewerbegebiet als Indiz für die Notwendigkeit weitere Gewerbeflächen benutzt. Und noch eins und noch eine Straße. Und das Straßen Verkehr anziehen ist ja allgemein bekannt.
Wie ist der derzeitige Prozeßstand ?
Der Spantenstich wurde schon mehrfach angekündigt, aber es scheinen noch nicht alle Grundstücke verkauft worden zu sein. Landwirte will man mit Geld und Tauschflächen locken. Allerdings nur für die Straße. Die neue Trasse, die die Zabergäu-Bahn bräuchte, müsste ja wieder den Landwirten abgekauft werden, und darum wird sich noch nicht gekümmert.
Was treibt dich an:
Ich bin 2011 aus Karlsruhe hierher gekommen und habe mit Schrecken festgestellt wie wenig Gespür man hier für die Landschaft hat. Ich möchte die Gesamtlandschaft erhalten.
Vielen DANK für das Gespräch!
Das war ein gutes Gespräch, hat mich sehr gefreut. Wenn uns jemand unterstützen möchte, bitte an den BUND Pfaffenhofen wenden
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