Böden sind heiß begehrt. Als landwirtschaftliche Fläche, als Wohngebiet, als Gewerbegebiet. Um all diese Wünschen gerecht zu werden, werden immer wieder Böden neu bebaut. Andererseits gibt es Dörfer und Städte, die immer weiter schrumpfen, denen Flächenkontigente zur Verfügung stehen, diese aber gar nicht benötigen und alle Energie darauf verwenden ihre Ortsmitten lebendig und das Dorfleben, trotz Abwanderung, am laufen zu halten.
Um zwischen diesen unterschiedlichen Nachfragen einen Ausgleich zu finden und andererseits ein Instrument zur Reduzierung des Flächenverbrauchs zu finden, kam schon vor Jahren die Idee auf, das Emissionshandelsprinzip auf Flächen zu übertragen. Ähnlich dem Emissionshandel sollen Kommunen beim Flächenhandel Flächenzertifikate erhalten, die sie verkaufen oder einkaufen können um dort Bauprojekte zu entwickeln oder dauerhaft zu unterlassen.
Infos zum Flächenhandelplanspiel des Umweltbundesamts mit zahlreichen teilnehmenden Kommunen unterschiedlicher Größe in allen Bundesländern.
Die Kritik am Emissionshandel ist heute nicht mehr berechtigt. Der Emissionshandel starte mit einem sehr geringen Zertifikatepreis und der Ausklammerung wichtiger energieintensiver Wirtschaftszweige wie der Landwirtschaft oder dem Verkehrssektor. Das ist ein immer noch richtiger Kritikpunkt. Trotzdem konnte die europäische Umweltagentur einen deutlichen Einfluss des Emissionshandels feststellen. Zwei Drittel der europäischen Emissionssenkungen gehen auf Industriezweige zurück, die dem Emissionshandel unterliegen. Siehe Umweltstatusbericht – Kapitel Klima . Die einige Industriezweige, die vom Emissionshandel nicht betroffen sind, fallen hingegen durch ansteigende Emissionswerte auf.
Entsprechend könnte auch der Boden einen Wert bekommen, der einem zu einem gewissen Grad als Kommune zur Verfügung steht. Bedarfe darüber hinaus müssen aber teuer von anderen Kommunen gekauft werden, die selbst auf die Entwicklung ihrer Flächen verzichten. Diese zusätzlichen Einnahmen könnten die schrumpfenden Kommunen zur Erhaltung der Infrastruktur im Ort benutzen und wäre eine Möglichkeite die vom Grundgesetz geforderten gleichen Lebensumstände zu finanzieren.
Die Gemeinde Großlittgen hat Anfang 2020 sogar ihre überschüßigen Flächenkontingente an eine andere die Gemeinden Dreis, Klausen und Plein innerhalb der Verbandsgemeinde Wittlich-Land verschenkt um ihnen Bauvorhaben zu ermöglichen. Im Gegenzug wurde das nicht genutzte Land der Großlittger als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen. Details hier
Klar ist aber auch: Mit Flächenhandel ist ein vollständiger Verzicht auf Neuinanspruchnahme von Flächen nicht zu verhindern. Das Ziel den Flächenverbrauch bis 2050 auf Netto-Null zu reduzieren, ließe sich mit dem Flächenhandel nur bis zu einem gewissen Punkt unterstützen, wäre aber ein pragmatischer, möglicherweise merheitsfähigerer Anfang.
Die zugeteilten Kontingente könnten, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen, schrittweise bis 0 abgesenkt werden und durch Kontingente auf Brachflächen und bereits versiegelten Flächen ersetzt werden und/ oder mit einer gleich großen Entsiegelungs- und Renaturierungsfläche bezahlt werden.
Allerdings lässt sich bereits versiegelter Boden nie wieder in seinen ursprünglichen Zustand “renaturiert” werden. Im Anschluss an eine Entsiegelung bleibt die natürliche Struktur des Bodens häufig gestört. Meist bleiben Reste von Fremdstoffen (wie Beton- oder Asphaltbrocken, Kunststoffsplitter oder diverse Schadstoffe) im Boden zurück. Eine neue Bodenfauna bildet sich nur über längere Zeiträume, so dass auch die natürliche Bodenfruchtbarkeit verzögert und oft nicht in der vorherigen Qualität wieder herstellbar ist.
Daher ist der Flächenhandel eine schöne, marktangepasste Idee und anzustreben bevor gar nichts passiert. Für den langfristigen Nutzen wären aber nur Handelssysteme mit Instrumente zur vollständige Reduktion der Neuinanspruchnahme von Böden die zukunftsfähigere Lösung.