Flächenverbrauch zu kritisieren ist leicht, helfen können aber nur Lösungen. Eine Möglichkeit den Flächenbedarf, zu kanalisieren und die Kreativität und das Engagement beim Flächensparen zu steigern, sind Bodenschutzkonzepte. Das erste, umfassende Bodenschutzkonzept wurde 2006 in Stuttgart verabschiedet und gilt als das Vorzeigeprojekt zum stadtplanerischen, kommunalen Bodenschutz. Seine vollständige Umsetzung ist ein auf mehrere Jahrzehnte angelegten Prozess, erste Ergebnisse und notwendige Ergänzungen sind aber heute schon sichtbar.
Bereits 2001 wurde die Erstellung eines Bodenschutzkonzepts beschlossen, dessen Grundlage eine vollständige Bodenbewertungskarte des Stuttgarter Stadtgebiets darstellt. Mit Hilfe dieser Karte konnte der Boden im gesamte Stuttgarter Stadtgebiet qualitativ eingeteilt werden. Bewertet wurden Wasserspeicherfähigkeit, die natürliche Bodenfruchtbarkeit, die Filter‐ und Puffereigenschaften, sowie Biotopentwicklungspotential und anthropogener Funktionshemmnisse wie Altlasten und der aktuellen Versiegelung. Anhand dieser Kategorien wurden die Bodenflächen in sechs Stufen (0 bis 5) von 1= sehr gering bis 5 = sehr wertvoll eingeteilt. ( 0= fehlende Information)
Im zweiten Schritt berechnete man die gerade noch tolerierbare zusätzliche Versiegelung des Stadtgebietes. Man einigte sich auf 12 % der derzeitigen Stadtfläche, was 1000 Bodenindexpunkten als Startwert entspricht. Alle seit 2006 erfolgten Baugenehmigungen werden hinsichtlich der in Anspruch genommen Bodenflächen bewertet. Für Versiegelung oder Bodenschäden werden Bodenindexpunkte vergeben und von den 1000 Punkten Startwert abgezogen.
Weiterhin beschloss der Stuttgarter Stadtrat
- das Ziel den Schutz der hochwertigsten Böden der Stufe 4 und 5.
- Ein jährliches Kontingent von Bodenindexpunkten von maximal 30 – 1 Bodenindexpunkt pro Jahr seit 2006. Das entspricht 2019 also maximale Nutzung von 17 Bodenindexpunkte, 2020 max. 16 Bodenindexpunkte usw.
- sowie eine 2-jährige Berichtspflicht zum aktuellen Punktestand und dem Fortschritt beim Schutz der wertvollen Böden.
Nach 14 Jahren zeigen sich erste Erfolge und Misserfolge:
Durch die zweijährige Berichtspflicht zur Umsetzung des Bodenschutzkonzepts erhält der Stadtrat eine regelmäßige Erinnerung an seine Selbstverpflichtung.
Im letzten Berichtszeitraum 2017–2019 wurde 21 von 30 Baumaßnahmen im Innenbereich umgesetzt. Das Bauen im Außenbereich und in den wertvollsten Flächen der Stufe 4 und 5 wurde aber nicht vollständig unterbunden. 4 Baumaßnahmen mit jeweils über 0,5 h wurden in den wertvollen Böden der Stufe 4 und 5 vollzogen. 2019 ist man bei 770,7 Bodenindexpunkten angekommen. Durch Entsiegelung und Umnutzung konnten aber auch 0,5 Indexpunkte gutgeschrieben werden.
Es sind weitere Maßnahmen nötig um die Netto-Null dauerhaft zu erreichen und zu sichern. Der letzte Bericht des Bodenschutzkonzepts mahnt die Gremien zum Baustopp im Außenbereich bis April 2021. Spannend wird, ob langfristig wirklich auf die Neuinanspruchnahme verzichtet wird. Dringend notwendig ist es auf jeden Fall.
Infos zum Stuttgarter Bodenschutzkonzept
Allgemeine Infos auf der Homepage der Stadt Stuttgart
Eine detailliert Erläuterung der Wirkungsweise von 2012
Zum Bericht im Umweltausschuss der Stadt Stuttgart 2019 (Suche nach Bodenschutzkonzept & Bericht)
Weitere Bodenschutzkonzepte z.B. in Rostock, Mühlheim an der Ruhr und neu, seit Dezember 2020 Wetzlar