Der Verein Natur Ramberg e.V.
Letzte Woche waren wir unterwegs um das schöne Ohlsbachtal genauer anzusehen. In einer kleinen Gemeinde in Rheinland-Pfalz hat ein findiger Ortsbeirat den Sonderparagraphen 13bBauGB genutzt um ein Bauvorhaben zu starten, dass im beschleunigten Verfahren ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne naturschutzfachlichen Ausgleich der Umweltschäden das Bauen am Ortsrand erlaubt. Dagegen wehrt sich seit etwa 2 Jahren eine engagierte Bürgerinitiative, die wir hier vorstellen wollen. Das Interview haben wir mit Marianne Halmburger, Vorsitzende der Bürgerinitiative geführt.
Portrait Ohlsbachtal, Landkreis Südliche Weinstraße, Rheinland-Pfalz
Im Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen sind die Wiesentäler – so auch Ohlsbachtal – von großer Bedeutung für die Biodiversität mit Ihrer noch weitgehend intakten Vielfalt an Flora und Fauna. Das Ohlsbachtal – mit dem Ohlsbach im Südosten der Gemeinde Ramberg gelegene sonnige Wiesental mit seinen sanften, grünen Hängen – wird eingerahmt von Mischwald mit einem reichen Bestand an Esskastanien. Zu jeder Jahreszeit ist das Ohlsbachtal ein Naturerlebnis, gleichermaßen für Wanderer, als auch Spaziergängern aus der nahen Umgebung. Auf den Streuobstwiesen mit Kirsch-, Apfel, Birnen, Zwetschgen und Nussbäumen findet man noch ein weitgehend unberührtes, intaktes Biotop vor – eine reiche Vogel- und Insekten- und Amphibienwelt, aber auch Säugetiere wie die Fledermaus und den Siebenschläfer. Im angrenzenden Waldgebiet wurden Wildkatzen nachgewiesen. Viele der vorkommenden Tierarten im Tal sind bestandsbedroht oder geschützt. Die Offenhaltung der Flächen vor Verbuschung wird weitgehend gewährleistet durch die Arbeit der Ramberger Tierhalter mit ihren tierischen Helfern: den Schafen, Ziegen, Pferden und Rindern. Durch diese natürliche Pflege hat sich die Krautschicht unter den Streuobstbäumen zu Blühwiesen mit einer artenreichen Flora entwickelt, hier wachsen auch geschützte Arten wie das Tausendgüldenkraut. Eine Besonderheit, die man nur auf noch einer Wiese des Ohlsbachtals findet, ist der Große Wiesenknopf. Hier wurde von Biologen im Spätsommer 2019 ein großes Habitat des Dunklen Großen Wiesenknopf – Ameisenbläulings (als Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie streng geschützt) festgestellt und das Habitat kartiert. Für diesen Tagfalter ist der Große Wiesenknopf sowohl Nahrungsquelle, als auch Fortpflanzungsstätte. Er legt im Spätsommer seine Eier in der Knospe der Pflanze ab, die dann in einem bestimmten Entwicklungsstadium des Falters im Herbst von der Roten Gartenameise in ihren Bau getragen und dort bis zum Schlüpfen der Puppe und dem Ausfliegen „überwintern“ und durchgefüttert wird.
2) Welchen Schaden befürchtest Du?
Vergleichbare Täler in der Nähe, so zum Beispiel das Modenbachtal wurden bereits Anfang der 90er Jahre unter Naturschutz gestellt. Unglücklicherweise besteht für das geplante Neubaugebiet in Ramberg ein 40 Jahre alter Flächennutzungsplan. Dieser Flächennutzungsplan bewirkte auch, dass der Regionale Raumordnungsplan diese Fläche nicht „überplante“. Außerhalb dieses 12 ha großen Areals des Flächennutzungsplans hat das Ohlsbachtal den Status „Regionaler Grünzug“ und „Vorranggebiet für den Naturschutz“.
Durch den Bau einer Straße und 14 Einfamilienhäusern auf dem 12 ha großen Areal, was ca. 1/3 der Fläche des Tales beträfe über den Zeitraum von Jahren wird die schützenswerte Flora zerstört werden, 30 große gesunde Streuobstbäume und ein kleines Stück Wald würden gefällt, der Lebensraum der vorhandenen teilweise bedrohten und geschützten Tierarten und damit ein wertvolles Biotop an Biodiversität würde unwiederbringlich zerstört, das Landschaftsbild durch die Bebauung und die Straße nachhaltig verändert.
Eine Umsiedlung des Dunklen Ameisenbläulings ist aufgrund seiner speziellen Lebensweise, Präferenzen für den Großen Wiesenknopf als Nahrung und Ort der Eiablage und Symbiose mit der Roten Gartenameise zur Vermehrungsentwicklung sehr schwierig und langwierig, wenn sie überhaupt gelingt. Der Bestand des Dunklen Ameisenbläulings wäre in jedem Fall durch Vernichtung bedroht was ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG wäre.
3) Wie weit ist der derzeitige Prozessstand?
Der Aufstellungsbeschluß nach § 13 b BauGB durch den Gemeinderat wurde im letzten Jahr getroffen, ein Umweltbericht und ein Artenschutzrechtliches Gutachten von der Gemeinde beauftragt. Der für das Gutachten beauftragte Biologe hat seine Arbeit im April dieses Jahrs begonnen und wird über die ganze Sommersaison seine Arbeit fortsetzen. Die Untere Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße hat vom der BI BUR die Unterlagen über die Begehung des Areals im Sommer 2019 mit einer Biologin zur Katalogisierung der Flora erhalten, hat auch Kontakt mit Herrn Prof. Josef Settele, Wissenschaftler und Professor am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ und Lepidopterologe, der im Spätsommer 2019 das Habitat der Dunklen Ameisenbläulings im geplanten Baugebiet festgestellt hat.
Das Institut für Naturkunde in Südwestdeutschland war kürzlich im Ohlsbachtal um für das Projekt „Neue Hirtenwege in der Pfalz“ des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen zu kartieren. Lt. Aussage dieses Instituts wäre eine Neubausiedlung im Ohlsbachtal „kontraproduktiv“
4) Welches Fazit ziehst Du?
Mit Hilfe des § 13 b BauGB wollt die Gemeinde im Herbst 2019, kurz vor Ablauf der Befristungszeit des Paragraphen, noch schnell Fakten schaffen. Die Tatsache, Flächen im Außenbereich zu bebauen ohne Ausgleichsmaßnahmen für den Verlust an Naturflächen vornehmen zu müssen, dank § 13 b, und die damit verbundenen Kosten einzusparen, wurde in der Beschlussvorlage als entscheidender, positiver Faktor durch die Gemeinde gewertete. Für die 14 geplanten Einheiten gibt es max. 3 Interessenten aus dem Ort, die jedoch teilweise bereits über Immobilien im Ort verfügen und darin wohnen. Im Ort sind derzeit ca. 30 bebaubare erschlossene Grundstücke frei, zudem gibt es Leerstandsimmobilien. Die Erforderlichkeit für ein Neubaugebiet in Ramberg ist nicht gegeben. Die drohende Wirtschaftskrise in Europa und Deutschland, ausgelöst durch die Corona Pandemie und die Angst der Bürger*innen vor der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wird für die Nachfrage an Bauplätzen in Ramberg von außenstehenden Interessenten sicher nicht förderlich sein. Ein Verkauf der Grundstücke, wenn überhaupt, könnte sich über viele Jahre hinziehen. Selbst nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet ist das Neubaugebiet ein verantwortungsloses Unterfangen. Zudem haben sich Anwohner des geplanten Baugebiets erklärt, notfalls den Klageweg zu gehen um es zu verhindern.
Kontaktmöglichkeit zur BI
Bürgerinitiative Umwelt Ramberg e.V.
Marianne Halmburger, Vorsitzende
Schloßbergstr. 16
76857 Ramberg