Wohnraumschutzsatzungen sind ein hilfreiches Mittel zur Reaktivierung von Wohnraum. Grundlage dafür ist das 2006 von der Bundesregierung erlassene Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts. Es ermächtigt Landesregierungen in Gegenden mit knappem Wohnraum eine Rechtsverordnung zur Zweckentfremdung von Wohnungen zu erlassen. In den einzelnen Bundesländern wurden unterschiedliche Konkretisierungen beschlossen. z.b. gilt in Bayern das Verbot von Zweckentfremdung dauerhaft. In Rheinland-Pfalz hat man die Dauer auf 5 Jahre begrenzt. Auch zwischen Bezeichnungen und den verhängten Bußgeldern gibt es Unterschiede.
Zweckentfremdungsverordnungen gibt es in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Brandenburg, und Berlin.
Beispiel: Großstadt München
Die Stadt München hat folgendes als Zweckentfremdung definiert:
- Mehr als 50% der Gesamtfläche der Wohnung werden für gewerbliche oder berufliche Zwecke genutzt, z. B. für eine Rechtsanwaltskanzlei, für ein Maklerbüro oder für eine Arztpraxis.
- Die Wohnung wird mehr als insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr wiederholt kurzzeitig, also tage- oder wochenweise, an Touristen oder Geschäftsreisende vermietet.
- Der Wohnraum steht seit mindestens drei Monaten leer
Bei Verstoß kann im Extremfall eine Strafe bis 500.000 Euro verhängt werden. München möchte dabei vor allem gegen Portale wie AirBnB vorgehen, die private Wohnungen als Ferienwohnungen anbieten. Dazu gibt es sogar ein Erklärvideo der Stadt.
Beispiel Mittelstadt
Etwas anders sieht es in Rheda-Wiedenbrück aus:
Wohnraum im Sinne dieser Satzung liegt nicht vor, wenn
- er dem Wohnungsmarkt nicht generell zur Verfügung steht, weil das Wohnen in einem engen räumlichen Zusammenhang an eine bestimmte Tätigkeit geknüpft ist (z. B. Wohnraum für Aufsichtspersonen auf einem Betriebsgelände, Hausmeisterwohnung auf dem Schulgelände),
- er bereits vor Inkrafttreten dieser Satzung und seitdem ohne Unterbrechung anderen als Wohnzwecken diente,
- er nicht oder noch nicht bezugsfertig ist,
- er baurechtlich nicht genehmigt ist,
- ein dauerndes Bewohnen unzulässig oder unzumutbar ist, weil der Raum einen schweren Mangel bzw. Missstand aufweist oder unerträglichen Umwelteinflüssen ausgesetzt ist und die Bewohnbarkeit nicht im Rahmen des § 9 Abs. 1 dieser Satzung wieder hergestellt werden kann,
- er nicht ununterbrochen genutzt wird, weil er bestimmungsgemäß der/dem Verfügungsberechtigten als Zweit- oder Ferienwohnung dient,
- er sich eigengenutzt in einem Eigenheim nach § 29 Nr. 1 WFNG NRW oder einer eigengenutzten Eigentumswohnung befindet,
- er auf Grund der Umstände des Einzelfalls nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird, z.B. wegen seiner Größe, seines Grundrisses oder seiner Lage. Die/der Verfügungsberechtigte hat die erfolglosen Vermietungsbemühungen zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu belegen.
Ersatzmaßnahmen und Zweckentfremdung durch absichtliche Dauerrenovierung
Eine Genehmigung kann erteilt werden, wenn dem Interesse an der Erhaltung des Wohnraums durch Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere durch Bereitstellen von Ersatzwohnraum oder durch Entrichtung einer Ausgleichszahlung, Rechnung getragen wird. Ein mehr als dreimonatiger Leerstand kann ohne Ausgleichsmaßnahmen genehmigt werden, solange der Wohnraum nachweislich unverzüglich umgebaut, instand gesetzt oder modernisiert wird.
Das lockert die bayrischen Bedingungen etwas und unterstützt Sanierungen bestehender Problemfälle. Kann aber im Extremfall zu Dauersanierungen durch findige Eigentümer:innen führen. Um dieses Problem zu lösen, hat man sich in Rheda-Wiedenbrück folgendes einfallen lassen:
Eine Zweckentfremdung oder ein Leerstand von mehr als 10 Jahren ist als dauerhaft anzusehen. Die Ausgleichszahlung ist mit jährlich drei Prozentpunkten über dem Basissatz der Europäischen Zentralbank für die Zeit vom Beginn der (mit oder ohne Genehmigung vorgenommenen) Zweckentfremdung an bis zur Entrichtung der Ausgleichszahlung zu verzinsen.
Erfolgsaussichten
Erfahrungen aus Kommunen, die teilweise schon viele Jahre eine Wohnraumschutzsatzung haben zeigen, dass es wichtig ist auch entsprechendes Personal in der Verwaltung einzustellen, um die Satzung durchzusetzen.
Erfahrungen der Stadt Köln zeigen, dass Wohnraumschutzsatzungen sehr wirkungsvoll sein können. 2018 wurde in Köln fast 175 Wohnungen als Ersatzwohnungen für Abbruch oder Kompensation von Zweckentfremdung neu geschaffen und 85 Verstoßverfahren wegen Leerstandes angestoßen (45 Verfahren weniger als im Vorjahr). Der Rückgang der Zahl dieser Verfahren wird als ein erster Erfolg für die Arbeit der Wohnungsaufsicht und eine sich entwickelnde Sensibilität seitens der Wohnungseigentümer gewertet. 440 Wohneinheiten, in denen Wohnraum illegal zu Ferienwohnung umgewandelt worden ist, wurden in 2018 bekannt. Und in 37 Fällen Bußgelder eingezogen.